Bauwagenplatz soll weichen

Demo in Köln - für den BauwagenplatzWenn das der gute alte Peter Lustig (1937 – 2016) noch erlebt hätte: Die Linksfraktion in der Bezirksvertretung Innenstadt ist gestern Abend mit ihrem Antrag gescheitert, das Grundstück Krefelder Straße/Ecke Innere Kanalstraße aus der Flächenplanung für das Stadtentwicklungskonzept Wohnen heraus zu nehmen. CDU, SPD, FDP und Grüne stimmten nach heftiger Debatte über den Bauwagenplatz gegen einen Vorschlag, den wir gemeinsam mit der Fraktion „Deine Freunde“ eingebracht hatten (siehe unten). Herausgekommen ist lediglich der faule Kompromiss, dass ” keine Bebauung stattfinden kann, ohne eine einvernehmliche Lösung mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Bauwagensiedlung”.

Nun ist das Scheitern traditionell eine der wichtigsten Bewegungsformen der Linken, das kennen wir.
Für den Bauwagenplatz „Wem gehört die Welt“ allerdings, könnten die Tage gezählt sein. Die Begehrlichkeiten sind einfach zu groß. Es ist davon auszugehen, dass sie schon bald von findigen Investoren heimgesucht werden, welche bereitwillig das Füllhorn ausschütten um sie nach über zwanzig Jahren von ihrem angestammten Platz zu verdrängen. Vielleicht lassen sich ja noch ein paar Millionen Euro Abfindung herausverhandeln (Scherz).

Bevor das letzte „gallische Dorf“ im Bezirk allerdings die Segel streichen muss, greift die  politische Beratungsfolge: Die Gesamtentscheidung über die kurz-, mittel und langfristig zu überplanenden Flächen fällt der Stadtentwicklungsausschuss vermutlich am 23. Juni. Zeit genug, um nochmal an die politischen Entscheidungsträger heran zu treten und deutlichen Protest zu formulieren, wie das ja in der Schrebergartensiedlung in unmittelbarer Nachbarschaft bereits passiert.

„Wessen Morgen ist der Morgen, wessen Welt ist die Welt?“ fragten Brecht/Eisler einst in ihrem berühmten Solidaritätslied. „Wem gehört die Welt?“ prangt es seit jeher von der Krefelder Straße im Stadtteil Neustadt-Nord. Möglicherweise hat es damit bald ein Ende. „Klingt komisch, ist aber so“ (Peter Lustig).

Wie immer die Frage bleibt: DIE LINKE in der Innenstadt setzt sich auch weiterhin für alternative Wohn- und Lebensformen, individuelle und kreative Gestaltungsmöglichkeiten, mehr Nachhaltigkeit, Gemeinwirtschaft, Phantasie und Entschleunigung in Köln ein – für das Recht auf Stadt und den Erhalt des Bauwagenplatzes an der Krefelder Straße.

Bewegtbild zum Thema: https://www.youtube.com/watch?v=0vwrclc4VK8

Und hier der Antrag der Linksfraktion zum Nachlesen:

Änderungs- bzw. Zusatzantrag zur Umsetzung des STEK Wohnen

Die Bezirksvertretung Innenstadt nimmt das Ergebnis der Flächenrecherche für weiteren Wohnungsneubau zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung weitere potentielle Grundstücke im Bezirk Innenstadt zu akquirieren und die Fläche 1.01 (Flurstück 337, Gemarkung Köln) Innere Kanalstraße/Krefelder Straße aus der Planung zu nehmen.

Begründung:

Die Ergebnisse der Recherche neuer Flächen für den kurz-, mittel und langfristigen Wohnungsneubau sind für den Bezirk Innenstadt äußerst ernüchternd und unbefriedigend. Es rächt sich nun, dass die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten fast sämtliche innenstädtischen Flächen  meistbietend veräußert hat um sie zumeist kommerzieller Verwertung zuzuführen. Diese Tendenz setzt sich vor, wie man am Beispiel des Deutzer Ottoplatzes sieht, an dem ein Spielkasino errichtet werden soll, anstatt dieses prominente Grundstück einfach mal sinnvoll zu nutzen. Die Stadt hat sich sukzessive eigener Gestaltungsmöglichkeiten beraubt und die Grundstücksbevorratung sträflich vernachlässigt; sie ist nicht mehr in der Lage ihren Bürger*Innen im Bezirk 1 auch nur annähernd ausreichend Wohnraum zur Verfügung – oder auch nur in Aussicht – zu stellen. Wir sind davon überzeugt, dass bei gründlicher Recherche weitere Flächen ausgewiesen werden können, die prioritär für den Wohnungsneubau nutzbar wären und die bisher noch nicht in der Beschlussvorlage erfasst worden sind.

Die Fläche Innere Kanalstraße/Krefelder Straße liegt keinesfalls brach, sie wird seit über zwanzig Jahren bewohnt und kultiviert und sollte mittelfristig Bestand haben können. Den ausgewiesenen bis zu 30 Wohneinheiten stehen z.Zt. rund 20 Bewohner*Innen gegenüber, denen bei Neubebauung der Fläche akute Obdachlosigkeit droht, was nicht hinnehmbar ist. Zumal die Stadt, selbst bei Umsetzung der Beschlussvorlage in der vorliegenden Form eine Unterdeckung von 17000 Wohneinheiten erwartet. Gleichzeitig gibt es ein Restvolumen von ca. 14000 Wohneinheiten, die im Rahmen des Baulückenprogramms derzeit nicht bearbeitet werden, aber potentiell zu prüfen wären.

Michael Scheffer

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